Quellen und Archive

Quellen sind das Material von historischen Untersuchungen. Hier wird erklärt, wie ein Dokument aus der Vergangenheit zur Quelle wird. Es gibt verschiedene Arten von Quellen und unterschiedliche Ansätze, Quellen in verschiedene Kategorien einzuteilen. Quellen befinden sich in Archiven, in Bibliotheken als publizierte Quellen sowie an anderen Orten. Sie werden zum Teil mittels Editionen und Digitalisaten zugänglich gemacht. Mit dem Verfahren der Oral History können Quellen zudem selbst erarbeitet werden. Verschiedene Hilfswissenschaften befassen sich mit spezifischen Quellen.

Was sind Quellen?

In der Geschichtswissenschaft versteht man unter Quellen Zeugnisse, die Erkenntnisse über die Vergangenheit ermöglichen. Quellen können unter anderem Texte, Bilder, Interviews mit Zeitzeugen, Töne oder Artefakte sein. Wichtig für das wissenschaftliche Arbeiten in der Geschichte ist ein Verständnis des grundlegenden Unterschiedes zwischen historischen Quellen und Forschungsliteratur. In der Alltagssprache wird „Quelle“ oftmals gleichbedeutend mit „Informationsquelle“ verwendet und umfasst alles (Gesprächspartner, Bücher, TV-Sendungen, alte Dokumente etc.), woraus wir unser Wissen schöpfen. In der Geschichtswissenschaft hingegen wird zwischen den Quellen und der wissenschaftlichen Fachliteratur, zuweilen auch als Sekundärliteratur bezeichnet, unterschieden. Auch die Fachliteratur greift auf Quellen zurück, wenn sie die Vergangenheit untersucht.

Die Abgrenzung zwischen Fachliteratur und Quellen ist vor allem für die neuere Geschichte in manchen Fällen schwierig. Ob etwas Fachliteratur oder Quelle ist, hängt nicht nur von der Qualität und dem Alter eines Textes ab, sondern vor allem auch von unserer Perspektive: Das Buch von Rudolf Wackernagel mit dem Titel „Beiträge zur Geschichte des Basler Münsters (Basel 1881-1885)“ wird in einer heutigen Studie zur Basler Kirchengeschichte vorrangig als Fachliteratur herangezogen. Eine Arbeit, die sich mit regionaler Geschichtsschreibung befasst, wird das Buch von Wackernagel hingegen vor allem als ein Beispiel für historiografische Darstellungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts und damit als Quelle betrachten.

Der Begriff der (Wasser-)Quelle evoziert die Vorstellung von Ursprünglichkeit und Reinheit und suggeriert damit, eine „Rückkehr zu den Quellen“ (ad fontes) ermögliche einen direkten Zugriff auf die Vergangenheit und eine unmittelbare Erkenntnis. Dies ist jedoch unmöglich, weil erstens jedes Zeugnis der Vergangenheit unter ganz bestimmten Umständen zu bestimmten Zwecken von bestimmten Menschen hergestellt wurde, und zweitens jedes Zeugnis für die Zeit von seiner Entstehung bis in unsere Gegenwart seine eigene Geschichte hat, in deren Verlauf es sich in aller Regel auch verändert hat. Eine Quelle spricht also nicht „für sich selbst“. Um sie sprechen zu lassen, d. h. um sie verstehen und angemessen interpretieren zu können, müssen wir deshalb den Kontext ihrer Entstehung und ihre Überlieferungsgeschichte kennen. Die Untersuchung von Entstehungszusammenhang und Überlieferungsgeschichte ist Gegenstand der Quellenkritik.

Alles, was aus Vergangenheit überdauert hat, kann grundsätzlich Quelle sein. Im eigentlichen Sinn zur Quelle wird ein Zeugnis der Vergangenheit allerdings erst, wenn es zur Beantwortung einer historischen Frage herangezogen wird. Erst die Fragestellung macht dieses zur Quelle, indem sie versucht, Aussagen über die Vergangenheit zu gewinnen. Die Quellenauswahl ist dabei ein wichtiger Schritt, der die zu gewinnenden Aussagen stark beeinflusst.

Typologien von Quellen

Da die Menge und Vielfalt an möglichen Quellen unüberschaubar ist, gab und gibt es Bestrebungen, mittels Typologien Ordnung zu schaffen. Einige dieser Ansätze werden hier kurz vorgestellt. Dabei wird unterschieden, ob sie sich an der materiellen Beschaffenheit der Quelle oder an inhaltlichen Kriterien orientieren.

Angesichts der enorm vielfältigen Überlieferung von Textquellen ist eine vollständige Aufzählung und Einordnung hier weder möglich noch sinnvoll. Es sei verwiesen auf den Versuch von Hans-Werner Goetz, einen Überblick über die Schriftquellen des Mittelalters zu geben (Hans-Werner Goetz: Proseminar Geschichte. Mittelalter, Stuttgart 2014, S. 109-217). Die Kenntnis von wichtigen Typen von Schriftquellen hilft bei der Quelleninterpretation, bei der es darum geht, die ursprüngliche Bestimmung und Absicht der Quelle - ihre „Tendenz“ - in Bezug zu setzen zur eigenen Fragestellung.

Materielle Beschaffenheit

Der Historiker Paul Kirn (1890-1965) unterschied die Quellen nach ihrem materiellen Charakter und definierte sie als Texte, Objekte und Tatsachen. Am Beispiel einer Schlacht der Römerzeit heisst dies: Wir haben Berichte über die Schlacht (Texte), es gibt auf dem Schlachtfeld archäologische Funde wie Münzen, Waffen und Schädel (Objekte) und als Folge der Schlacht verlief die Grenze des Römerreichs die nächsten Jahrhunderte südlich des Schlachtfelds (historische Tatsache). Am abstraktesten ist das Konzept der historischen Tatsache. Andere Beispiele sind etwa sprachliche Besonderheiten, Namen (vor allem Ortsnamen zeugen oft von der vorherrschenden Sprache anlässlich der Siedlungsgründung), Institutionen oder Bräuche.

An den Medienwissenschaften und der wachsenden Bedeutung audiovisueller Medien orientierte Gliederungen unterscheiden zwischen Text-, Bild- und Tondokumenten sowie Sachquellen. Elektronische Quellen stellen wegen ihrer Masse, den Schwierigkeiten einer dauerhaften Archivierung und ihrer Instabilität - sie können jederzeit und kaum nachweisbar verändert werden - die Geschichtswissenschaft und das Archivwesen vor neue Aufgaben.

Inhaltliche Kriterien

Etabliert ist die auf den deutschen Historiker Johann Gustav Droysen (1808-1884) zurückgehende und von Ernst Bernheim (1850-1942)  ausformulierte Unterscheidung in Überrest und Tradition. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass es a) Zeugnisse der Vergangenheit gibt, die lediglich für die damalige Gegenwart hergestellt wurden und zufällig überliefert wurden und b) Zeugnisse, die bewusst für die Nachwelt hergestellt wurden und dieser ein bestimmtes Bild der Vergangenheit vermitteln sollen. Wenn eine Quelle als Überrest qualifiziert werden kann, heisst es allerdings nicht, dass sie ungefiltert über die Vergangenheit Auskunft gibt, denn jede Quelle wurde mit bestimmten Absichten und zu einem bestimmten Zweck erstellt. Dies gilt es bei der Interpretation von Überresten zu berücksichtigen. Weil ausserdem eine strikte Unterscheidung oftmals schwierig ist (sind Tagebücher oder Zeitungsartikel für die Nachwelt geschrieben oder nur für die Gegenwart?), gilt die Unterscheidung inzwischen als überholt. Sie erinnert jedoch daran, dass bei jeder Quellenanalyse überlegt werden muss, was die Quelle bzw. ihr Hersteller der Nachwelt bewusst mitteilen wollte und welche Informationen die Quelle zufällig enthält bzw. preisgibt. Diese am Herstellungszweck orientierte Unterscheidung findet sich auch in neueren Theorien wieder, die z. B. zwischen Monument oder Botschaft (d. h. Tradition) und Dokument oder Spur (d. h. Überrest) unterscheiden.

Auf Gerhard Theuerkauf geht die Charakterisierung des Realitätsgehalts von Quellen zurück: Es werden drei Kategorien unterschieden, die sich jedoch in einzelnen Quellen durchaus überschneiden können: Faktisches (was gewesen ist), Fiktives (was gewesen sein könnte), Normatives (was gewesen sein sollte).

Quellengruppen

Es gibt ausser den Versuchen von Quellentypologien auch die Beschreibung von Quellengruppen anhand von Charakteristiken, die bestimmte Überlegungen bei der Quellenanalyse nach sich ziehen. Solche Beschreibungen beziehen sich auf eine Quellengattung und versuchen nicht, eine gesamthafte Einteilung von Quellen zu erstellen.

Zu erwähnen sind hier zum Beispiel Selbstzeugnisse (auch Ego-Dokumente genannt), d.h. Quellen, die in erster Linie Auskunft über deren Autorin bzw. Autor geben und als solche gelesen werden können. Sie haben in jüngerer Zeit die verstärkte Aufmerksamkeit der Forschung erhalten.

Als serielle Quellen bezeichnet man Quellen, die über eine grössere Zeit hinweg systematisch angelegt wurden, zum Beispiel in der Verwaltung oder in der Buchhaltung. Die einzelnen Dokumente von Quellenserien folgen oft einem ähnlichen Muster.

Das Archiv als Aufbewahrungsort von Quellen

„Archive sind Einrichtungen, die der systematischen Sammlung, Aufbewahrung und Erschliessung von Schrift-, Ton- und Bildträgern dienen“ (Historische Lexikon der Schweiz: Archive). Sie werden von Behörden sowie von privaten Organisationen wie Vereine, Firmen oder Stiftungen getragen. Das Archiv ist folglich der Ort, an dem viele Quellen für die Arbeit von Historikerinnen und Historikern im Original gelagert werden.

Die wichtigsten Archive sind die vom Staat geführten Archive. In der Schweiz gibt es auf jeder politischen Ebene Archive (Gemeinde, Kanton, Bund). Diese umfassen nebst den von staatlichen Stellen produzierten Akten oft auch weitere Bestände, zum Beispiel von Privatpersonen oder Organisationen (diese werden oft als Privatarchive bezeichnet). Weitere Archive sind Firmenarchive (z. B. SBB-Historic) oder spezialisierte Archive wie etwa das Sozialarchiv in Zürich oder das Schweizerische Wirtschaftsarchiv in Basel. Auch verfügen viele grosse Bibliotheken über sogenannte Handschriftenschriftensammlungen, die Abschriften von Büchern aus der Zeit vor dem Buchdruck, aber auch viele andere handschriftliche Texte umfassen. Eine Übersicht über wichtige Archivkataloge gibt es hier.

Jedes Archiv hat seine historisch gewachsene Archivstruktur, die abhängig ist von den Quellenbeständen und von den Ordnungsbemühungen, denen diese über die Jahrhunderte ausgesetzt waren. Frühere Bestandeslogiken folgten dem sogenannten Pertinenzprinzip, d.h. Akten wurden nach Thematik (und zum Teil nach Dokumententyp) geordnet und damit oft aus dem Entstehungszusammenhang gerissen. Neuere Archivstrukturen befolgen hingegen das Provenienzsystem, d.h. Akten werden im Zusammenhang ihrer Entstehung abgelegt, zum Beispiel nach ablieferndem Amt. Weil nach dem Pertinenzsystem abgelegte Akten nicht mehr nach Provenienz sortiert werden können, haben die meisten Archive ältere, nach dem Pertinenzsystem sortierte, und jüngere, nach dem Provenienzsystem sortierte Bestände. Im Staatsarchiv Basel-Landschaft etwa erfolgte die Umstellung in der Mitte des 20. Jahrhunderts, die älteren Akten und das neuere Archiv bis rund 1950 folgen dem Pertinenzsystem.

Zuständigkeit von Archiven: Wer sammelt Akten?

Die Schriftstücke der mittelalterlichen Korporationen, die in moderne Institutionen übergegangen sind und heute als Behörden bestehen (z. B. Stadt Basel), sind in der Regel im jeweiligen modernen Archiv gelagert (Staatsarchive Basel-Stadt und Basel-Land), soweit sie erhalten sind. Auch Universitätsarchive werden häufig noch von der jeweiligen Universität selbst verwaltet. Obgleich die Basler Zünfte gleichfalls weiter bestehen, haben diese ihre Zunftarchive hingegen in das Staatsarchiv überführt, um den Erhalt des Bestandes zu garantieren und den wissenschaftlichen Zugriff zu erleichtern. Bei Institutionen, die aufgelöst wurden - beispielsweise Klöster - ist ebenfalls stets im Einzelfall zu eruieren, ob Archivbestände erhalten und in welchen Archiven sie zugänglich sind. Für die Archivierung von schriftlichen und digitalen Akten moderner Behörden ist stets ein bestimmtes Archiv auf kommunaler, kantonaler und Bundesebene zuständig. Hier gelten für moderne Bestände jeweils Schutzfristen für die öffentliche Einsicht: Meistens 30 Jahre für allgemeine Akten und 100 Jahre für personenbezogene Akten. Während dieser Zeit sind die Akten zwar nicht gesperrt, aber es ist ein Einsichtsgesuch nötig und es können Nutzungsauflagen gemacht werden (z. B. Anonymisierungen). Privatarchive wie Adels- und Firmenarchive haben hingegen ihre eigenen Regeln und sind nicht an die gesetzlich garantierte allgemeine Zugänglichkeit der öffentlichen Archive gebunden.

Der Unterschied zwischen Archivgut und Handschriften (Mittelalter)

Nach der Erfindung des Buchdruckes mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg 1454 füllten sich die Bibliotheken mehr und mehr mit den Produkten aus der neuen Druckerpresse, die Bücher in bisher ungekannter Menge herstellen konnte. Bis zu dieser Zeit mussten Bücher in Form von Manuskripten einzeln und in Handarbeit abgeschrieben werden. Diese Manuskripte nennen wir im engeren Sinn «Handschriften». Da längst nicht alle mittelalterlichen „Bücher“ in frühmodernen Drucken oder modernen kritischen Editionen überliefert sind, müssen Mediävistinnen und Mediävisten unter Umständen auf die Handschriften direkt zugreifen. Handschriften werden heute dort aufbewahrt, wo im allgemeinen Bücher gesammelt werden: in den National-, Kloster-, Landes- und Stadtbibliotheken, die für ihren mittelalterlichen Bestand eine Handschriftenabteilung haben. Diese kann auch Schriftgut umfassen, das eigentlich als Archivgut zu klassifizieren ist.
 Nicht zu verwechseln mit Handschriften, die jeweils eine individuelle Abschrift eines Buches sind, ist das handschriftliche Archivgut. Urkunden, Briefe, Güterverzeichnisse, städtische Aktenbücher etc. sind Zeugnisse einmaliger Vorgänge und befinden sich heute in den Archiven des Bundes, der Klöster, der Kantone und Städte.

Editionen

Unter einer Edition versteht man die Veröffentlichung des originalen Wortlauts einer Quelle mit kritischen Hinweisen. Sie konzentrieren sich auf einen bestimmten Quellenbestand (Fondseditionen), eine bestimmte Person (Werkeditionen) oder ein Thema (Quellensammlungen).

Quelleneditionen, insbesondere Quellensammlungen, sind grundsätzlich unvollständig, sie können nie mehr als einen Bruchteil des vorhandenen Quellenmaterials verfügbar machen. Dafür bringen kritisch edierte Quellen einige Vorteile mit sich: Eine Einleitung erhellt den Entstehungskontext der Quellen, die Anmerkungen umfassen Worterklärungen und Kommentare und es wird ausserdem auf weitere interessante Quellen verwiesen. Editionen weisen zum Beispiel bei mittelalterlichen Handschriften auf Textversionen und Überlieferungsfehler hin oder kennzeichnen im Text selbst nicht ersichtliche, vom Autor aber verwendete Vorlagen. All diese ergänzenden Informationen bezeichnet man als den kritischen Apparat.

Da eine sorgfältige wissenschaftliche Edition eine umfangreiche Arbeit darstellt, entstehen viele Editionen im Rahmen grosser Editionsprojekte, die über Jahrzehnte und gar Jahrhunderte hinweg verfolgt werden. Die meisten Nationalstaaten des 18. und 19. Jahrhunderts haben Editionsunternehmungen gefördert. Nebst Projekten zur Geschichte der Schweiz und Deutschlands sind dies in Italien der sogenannte „Muratori“, in Frankreich der „Recueil des Historiens de Gaule et de la France“, in England die „Rolls Series“ usw. Die Editionen unterscheiden sich allerdings im Aufbau, hinsichtlich der wissenschaftlichen Standards und in der Auswahl der Quellen. Da sich die Grundsätze der Edition im Verlauf der Zeit entwickelt haben, gilt für grosse Editionsprojekte, dass die Texte oft nach unterschiedlichen Standards herausgegeben wurden. Grundsätzlich muss bei Editionen die Zielsetzung und die damit verbundene selektive Quellenauswahl berücksichtigt werden. Oft wird heute noch mit älteren, heutigen wissenschaftlichen Standards nicht genügenden Editionen gearbeitet, weil keine Alternative besteht ausser dem viel aufwendigeren Gang ins Archiv.

Seit einiger Zeit haben sich neben den klassischen Editionen in Buchform neue, digitale Formen der Edition durchgesetzt. Um als Editionen bezeichnet zu werden, müssen sie die gleichen Bedingungen (vor allem die präzise Wiedergabe des Textes und den kritischen Apparat) erfüllen. Digitale Editionen orientieren sich idealerweise an neuen, digitalen Standards. Zu erwähnen ist etwa die TEI (Text Encoding Initiative), die einen Standard für die digitale Edition von Manuskripten und anderen Texten zur Verfügung stellt. Genuin digitale Formate bieten gegenüber den klassischen Editionen vielerlei Vorteile (siehe auch den Abschnitt zum Umgang mit digitalen Quellen). Der bedeutendste besteht sicher darin, dass der ganze Text elektronisch durchsuchbar ist. Es können aber auch weitere Informationen (etwa über Personen- und Ortsnamen) im Text hinterlegt werden und so präzisere Suchen und weitere Verknüpfungen ermöglich werden. Auch eine Verschlagwortung ist möglich. Ein gutes Beispiel für die Möglichkeiten einer digitalen Edition bilden die Jahrrechnungen von Basel: Es können dort nach verschiedenen, frei wähl- und kombinierbaren Kriterien Zusammenzüge aus den Rechnungen der öffentlichen Hand gemacht werden. Dank dieser Aufbereitung kann man zum Beispiel sehr schnell einen Überblick über die Entwicklung einer gewissen Steuereinnahme über die Jahrzehnte gewinnen. Das Beispiel zeigt, dass gerade digitale Editionen den Rechercheaufwand für die Forschenden massiv reduzieren und auch neue Forschung anregen können. Das ist einerseits sehr erfreulich (und soll für Arbeiten während des Studiums genutzt werden), birgt andererseits auch die Gefahr, dass andere, auch interessante Bestände, die jedoch nicht ediert sind, weniger beachtet werden und so der Forschung entgehen.

Zwei Beispiele zeigen den Aufbau und die Lesart von Editionen: Die Edition einer mittelalterlichen Handschrift sowie die Edition der diplomatischen Dokumente der Schweiz (Dodis).

Regesten

Eine spezielle Form der Edition von Quellen sind Regesten. Sie enthalten keine Edition der vollständigen Texte, sondern geben die wichtigsten Inhalte des Dokuments – klassischerweise von Urkunden – in kurzer Form wieder, meist paraphrasierend und manchmal mit ausgewählten Zitaten. Angaben zu Ort, Entstehungszeit und zu den beteiligten Personen (insbesondere bei Urkunden) sowie zu allfälligen Editionen und natürlich die Signatur (zum Auffinden im Archiv) ergänzen das Regest. Vor allem ältere Editionsprojekte waren oft Mischformen zwischen Edition und Regest (z. B. die eidgenössische Abschiede oder die Basler Urkundenbücher).

Digitalisate

Nicht mit einer Edition zu verwechseln sind Digitalisate (sprich Scans oder Fotografien) von Quellen, die online zur Verfügung gestellt werden. Diese können wohl den Gang ins Archiv ersparen, nicht jedoch die Transkription des Textes und den kritischen Apparat, den eine gute Edition zur Verfügung stellt. Auch Bildquellen werden oft als Digitalisate in spezifischen Datenbanken zur Verfügung gestellt. Dabei weichen die Standards bei den sogenannten Metadaten (d.h. heisst den Informationen über die Quelle wie Entstehungszeit, Autor, etc., die der Quelle selbst nicht zwingend zu entnehmen sind) stark ab. Je vollständiger die Metadaten, desto näher ist die Veröffentlichung eines Digitalisats einer Edition.

Digitalisierungsprojekte können in der Regel nur einen Bruchteil von Beständen erfassen und enthalten deshalb eine Auswahl, die sich nach verschiedenen Kriterien richtet, wie etwa inhaltliche und konservatorische (d.h. zum Zweck der langfristigen Erhaltung von Archivalien) Prioritäten, rechtliche Grundlagen oder vorhandene Mittel. Auch Archivkataloge (etwa im Staatsarchiv Basel-Stadt) bieten Zugriff auf Digitalisate aus den jeweiligen Beständen. Verzeichnisse von Digitalisaten sind in der Liste der Forschungsressourcen als Quellen-Datenbanken bezeichnet.

Als Mischform zu bezeichnen sind Digitalisate von gedruckten Quellen, die dank OCR-Erkennung im Volltext durchsuchbar sind. Die Texte sind oftmals nicht überprüft und weisen eine gewisse Fehlerquote auf; ausserdem fehlt der kritische Apparat. Obwohl also der ursprüngliche Text als Text (und nicht nur als Scan) greifbar ist, sind die Kriterien für eine Edition nicht erfüllt.

Quellendatenbanken

 

Schon lange gibt es in der Geschichtswissenschaft Bestrebungen, Übersichten über die bestehenden Quellen zu geben. Die älteren Quellenkunden wurden in jüngerer Zeit abgelöst durch Datenbanken, welche die Suche nach Quellen ermöglichen. Als Datenbanken werden hier diejenigen Angebote bezeichnet, die eine Suche in den sogenannten Metadaten ermöglichen, das heisst in den Angaben zum Inhalt, zur Autorin/zum Autor und Entstehung der Quelle sowie zum Archivstandort und allfälligen Editionen). Immer mehr Datenbanken gewähren einen Zugriff auf Digitalisate (d.h. Scans). Spezialisierte Datenbanken erlauben die Suche nach spezifischen Quellengattungen wie Bildern, Handschriften und frühen Drucken. Entscheidend für die Qualität einer Datenbank ist die Verschlagwortung und Beschreibung der Quellen, da nicht im Originaltext der Quelle gesucht werden kann, sondern nur in den Metadaten. Die hier aufgeführten Datenbanken haben eine weite thematische Ausrichtung. Je nach Forschungsvorhaben kann es sich lohnen, nach kleineren, spezifischen Datenbanken zu suchen: Ein gutes Beispiel ist die Selbstzeugnisse-Datenbank, die unter anderem am Departement Geschiche entstanden ist (siehe hier). Quellendatenbanken sind nicht zu verwechseln mit (digitalen) Quelleneditionen.

Im Bereich Literatur und Hilfsmittel des Werkzeugkastens sind Quelleneditionen und Quellendatenbanken je gesondert aufgeführt.

 

Zur Erforschung von Schrift- und Sachquellen (Urkunden, Münzen, Siegel, Wappen u. a.) haben sich innerhalb der Geschichtswissenschaft Spezialdisziplinen, die sogenannten Hilfswissenschaften, entwickelt. Sie werden hier nur aufgezählt:

Urkundenlehre: Diplomatik 


Münzlehre: Numismatik 


Siegellehre: Sphragistik 


Wappenlehre: Heraldik 


Historische Schriftkunde: Paläographie

Historische Geographie 


Lehre der Datierung: Chronologie 


Genealogie ("Ahnenforschung")

Wichtige Erkenntnisse und Anregungen für die Geschichtswissenschaft und auch für den Umgang mit Quellen liefern ausserdem die Nachbardisziplinen wie Archäologie, Kunstgeschichte, Soziologie, etc.