Das Dissertationsprojekt untersucht handwerkliche Praktiken der Materialbearbeitung während der Frühen Neuzeit und zeigt deren Mehrdimensionalität im Kontext von aufkommenden interregionalen Märkten und Kapitalströmen, gesellschaftlichen Debatten um Luxus und Konsum sowie der Welt der frühneuzeitlichen Kunstkabinette mit ihrer Inszenierung von Wissen in Form von ‚wunderbaren‘ Objekten.
Im Zentrum der Untersuchung steht dabei die Bearbeitung von Edelmetall in der städtischen Gesellschaft Basels im späten 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Für seine Argumentation bezieht das Projekt sowohl Schriftquellen als auch Objekte aus musealen Sammlungsbeständen mit ein und wertet diese vor dem Hintergrund neuerer Arbeiten zu Materialität und frühneuzeitlichen handwerklichen Praktiken aus.
Unter Einbezug von Ansätzen der Verflechtungsgeschichte wird dabei der Blick auf lokale städtische Konstellationen wie zünftische Strukturen, gesellschaftliche Positionierungen vorherrschender Gruppen sowie soziale Ausschlussmechanismen mit der Untersuchung übergreifender Prozesse der Zirkulation verbunden, die im Falle der Mobilität der Handwerker interregionale, hinsichtlich der Märkte für die bearbeiteten Materialen sogar globale Dimensionen hatten. Indem das Projekt diese analytischen Ebenen in Dialog setzt, erweisen sich die für die Arbeit besonders wichtigen Goldschmiede als Vermittler zwischen verschiedenen Sphären von Wert. In diesem Zusammenhang fragt die Dissertation danach, wie sich diese Handwerker durch ihre Tätigkeit zwischen künstlerischer Produktion, monetären Zirkulationen und der Erzeugung von Wissen bewegten und lokale ebenso wie interregionale Märkte bespielten.
In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts verdichteten sich jedoch gerade in der Edelmetallbearbeitung, so die These der Arbeit, auch zunehmend kritische Debatten rund um neue Formen der Bereicherung und des Luxus. Dadurch leistet die Dissertation auch einen Ausblick auf die weiter gehenden Verwerfungen, die sich in ganz Europa während der Frühen Neuzeit durch veränderte gesellschaftliche Wahrnehmungen von Produktion und Konsum ergaben.
Bildnachweis: Auschnitt aus Christoph Murer, Scheibenriss mit Darstellung des Leonhard Thurneysser beim Erwerb von Mumien im Orient, um 1579 (Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett)