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Call for papers zur 28. Jahrestagung des AK Geschlechtergeschichte der Frühen Neuzeit: "Arbeit macht Geschlecht – Geschlecht macht Arbeit"

Die Verwendung von Geschlecht als analytische Kategorie hat sich insbesondere in der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichtsforschung als äußerst produktiv erwiesen: für die Frage nach Diskursen oder Praktiken der Konstruktion und Dekonstruktion von Geschlecht(ern); für die Entwicklung von Methoden, mit deren Hilfe Prozesse des gendering und degendering in scheinbar geschlechterneutralen Kontexten ausgemacht werden können; für die Analyse von Relationen verschiedener diskriminierender oder privilegierender Positionierungen (ständisch, religiös, ethnisch); für die Aufdeckung wissensgeschichtlicher "Entwicklungen" hinsichtlich der Bedeutung, Nutzung und Zuschreibung von "Geschlecht" (Stichwort: Biologisierung und Essenzialisierung), etc. Als analytische Kategorie ist Geschlecht ein Werkzeug, mit dessen Hilfe sehr verschiedene Prozesse, Zuschreibungen, Sachverhalte, Differenzbildungen, Machtverhältnisse, usw. erforscht und in ihrer gesellschaftlichen Komplexität und Verflochtenheit mit anderen gesellschaftlich wirksamen Faktoren analysiert werden können. Geschlechtergeschichte ist so betrachtet Allgemeine Geschichte und umgekehrt. 26.–28. Oktober 2023, Tagungshaus der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Stuttgart- Hohenheim

Bei unserer diesjährigen Tagung wollen wir den gesellschaftlich relevanten Bereich der Arbeit bzw. genauer, des Arbeitens unter die Lupe nehmen und dabei die Vielfalt von Mechanismen ausleuchten, durch die und in denen Arbeit und Arbeiten an Geschlecht, aber auch soziale Positionen gekoppelt ist. Wie werden unterschiedliche soziale und physische Räume des Arbeitens bzw. der Arbeit geschlechterspezifisch konstituiert, konstruiert, markiert, bebildert, erzählt, beschrieben? Wie und auf welche Weise werden Tätigkeiten zu Arbeit und wie ist dieser Transformationsprozess mit Geschlecht verbunden? Wer arbeitet eigentlich was und wie? Und – nicht zuletzt: Wie werden durch konkrete Arbeit mit Quellenmaterial geschlechtsspezifische Vorstellungen von Arbeit und Arbeiten erzeugt?

Forschungen zum gendering und degendering von bestimmten Arbeitsbereichen sind ebenso willkommen wie Studien über geschlechterspezifizierende Resultate durch und im Zuge von Arbeit und bestimmten Arbeitsabläufen. Ist Gebären z.B. ein Geschäft von Frauen, wenn der Vorgang des Gebärens von professionellen Geburtshelfern und einschlägigen Institutionen betrieben wird oder Teil männlich dominierten medizinischen Arbeitsalltages? Welcher geschlechterspezifizierten und spezifizierenden Transformationsarbeit ist es zu verdanken, wenn spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Gewerbebetriebe,
Werkstätten, Klöster oder auch Kaufmanns- und Pfarrhaushalte als Räume charakterisiert werden, die von Männern und Männlichkeit geprägt waren, obgleich Frauen in diesen Räumen ebenso arbeiteten? Unter welchen (Arbeits-)bedingungen werden die Quellen, mit welchen Historiker*innen arbeiten, erzeugt? Welche Folgen hat es für das Verständnis von Arbeiten, wenn Arbeit nicht als vielgestaltige Tätigkeit, als aktives Tun in verschiedensten Formen und Kontexten, sondern als
Produktionsmittel betrachtet wird, das sich in Lohn übersetzt lässt (Stichwort: male-bread-winner model)? Oder wenn Quellenmaterialien aus kolonialen Kontexten hinsichtlich zeitgenössischer und forschungsgeleiteter,  geschlechterspezifizierender und spezifizierter (Arbeits-)Praktiken untersucht werden? Schließlich kann auch die Arbeit von Historiker*innen selbst in den Blick genommen und kritisch reflektiert werden – von der Frage der Reflexion der Quellenauswahl bis hin zur Frage, wie Historiker*-innen durch ihre Arbeit einer Naturalisierung von Geschlecht entgegenwirken oder sich daran beteiligen.

Die jährlichen Tagungen bieten eine Plattform zur Präsentation und Diskussion aktueller Forschungsarbeiten, sehr gerne auch von Nachwuchswissenschaftler*innen. Zugleich dienen die Treffen dem Informationsaustausch, der intergenerationellen Vernetzung sowie der methodischen, konzeptuellen und theoretischen Auseinandersetzung. Von Historikerinnen organisiert, sind die Treffen immer auch ein Ort der Inter- und Transdisziplinarität – auch über die Fakultäten hinweg. Durch die Heterogenität der Teilnehmer*innen legen wir vor allem darauf Wert, dass die einzelnen Beiträge maßgeblich den Fokus auf
Fragen der Methode und der Methodologie richten.

Genauere Informationen zum Arbeitskreis finden Sie auf unserer Homepage: http://www.univie.ac.at/ak-geschlechtergeschichte-fnz/

Wir weisen darauf hin, dass für Referent*innen in der Regel keine Reise- und Tagungsgebühren übernommen werden können. Die Kosten der Tagungsteilnahme inklusive Übernachtung und Verpflegung betragen voraussichtlich 166 Euro im EZ und 137 Euro im DZ; ermäßigt 136 Euro im EZ und 107 Euro im DZ. Stipendien zur Teilnahme an der Tagung können beantragt werden.

Vortragsvorschläge (abstract und CV, jeweils ca. 5.000 Zeichen) richten Sie bitte per E-Mail bis zum 15.04.2023 an:
andrea.griesebner@univie.ac.at
michaela.hohkamp@hist.uni-hannover.de