Als «la plus bele de la cort»[1] beschreibt Chrétien de Troyes Enite, die Protagonistin seines ersten Artusromans Erec et Enide, und verweist damit deutlich auf ihre Schönheit. Marie de France charakterisiert wohl zu derselben Zeit männliche Schönheit und Vortrefflichkeit folgendermassen: «ne pot hum trover [s]i bel, si pruz ne si vaillant, [s]i large ne si despendant».[2]

Doch wie wird diese Schönheit – körperlich wie geistig– in der höfischen Dichtung und weiteren Quellen entworfen und diskutiert? Was bedeutete es, jemanden als schön zu beschreiben und welche gesellschaftlichen und sozio-politischen Implikationen waren mit einer solchen Zuschreibung, oder dem Fehlen dieser, verbunden?

Es ist das Ziel, anhand dieser und weiterer Fragen die Diskurse über Ideale von Frauen- und Männerschönheiten und deren Implikationen zur Zeit der Plantagenêts, also ca. von 1150 bis 1214/1242, zu erfassen und darauf aufbauend der Frage nachzugehen, was diese Diskurse über die «Renaissance» des 12. Jahrhunderts aussagen können und wie diese darin eingebettet sind.

Damit zusammenhängend gilt es in diesem Kontext den Begriff «Renaissance» als Beschreibung dieser Umbrüche, Umwandlungs- und Veränderungsprozesse zu problematisieren und eine alternative Interpretation zu erarbeiten, die Schönheit als handlungsermöglichende Grösse in den Fokus setzten soll.

 

 

 

 

[1] V. 1727. Chrétien de Troyes, Erec et Enide, übers. und hg. von Albert Gier, Stuttgart, 1987.

[2] V. 462-464, Marie de France, Yonec In: Marie de France, Lais, hg. von Philipp Jeserich, Stuttgart, 2015.