
Tobias Oswald
Global vernetzt, lokal verwurzelt: Eidgenössische Jesuitenmissionare und ihre Familien, ca. 1630–1770
Rund zwanzig eidgenössische Jesuiten waren in der Frühen Neuzeit im spanischen Kolonialreich als Missionare unterwegs, um das Christentum zu verkünden. Sowohl in Lateinamerika als auch den Philippinen waren sie so in das iberische Kolonialprojekt auf unterschiedliche Weise involviert. Die Verbindungen zur Alten Eidgenossenschaft brachen viele dieser Missionare trotz der räumlichen Distanz nicht ab. Obwohl der Jesuitenorden in den Konstitutionen eine völlige Loslösung von der weltlichen Familie verlangte, wurde diese Trennung selten eingehalten. Deshalb beleuchtet das Dissertationsprojekt das Verhältnis von eidgenössischen Jesuiten zu ihren Familien. Konkret soll danach gefragt werden, was es für Schweizer Familien bedeutete, Söhne in der weltweiten Jesuitenmission zu haben und wie diese Söhne Vorstellungen des Globalen in der Heimat prägten. Gleichzeitig interessiert auch, wie sich die eidgenössischen Jesuiten selbst in Bezug auf ihre Familie und ihre Herkunft positionierten.
Die Quellenlage zu diesen Fragen ist äußerst vielversprechend. Sowohl in Schweizerischen Familienarchiven wie auch in den Kolonialarchiven (insbesondere in Mexiko-Stadt und Sevilla) und den ordensinternen Archiven (insbesondere in Rom) zeichnen sich die Verdichtungen innerhalb der komplexen Beziehungsgeflechte ab. So zeigt sich, dass nicht nur einige Missionare mit ihren Familien ausgiebige Korrespondenzen führten, sondern auch, dass die eidgenössischen Missionare miteinander in regem Austausch standen und ihre eidgenössische Identität thematisierten. Schließlich waren auch häufig die Familien der Missionare in der Eidgenossenschaft untereinander im Kontakt und hielten sich bezüglich ihrer Sprösslinge auf dem Laufenden.
Mit der Perspektivierung auf Familie und Verwandtschaft lässt sich produktiv eine globale Verflechtungsgeschichte der Schweiz in der Frühen Neuzeit schreiben und gleichzeitig auch ein Beitrag zur Geschichtsschreibung der globalen Jesuitenmission leisten, die bisher die familiären Verbindungen der Missionare kaum oder gar nicht berücksichtigt hat.
Bildnachweis: indigen bemalte Büffelhäute, die der Luzerner Jesuit Philipp Segesser (1689–1762) aus Mexiko an seine Verwandtschaft sandte und die diese in ihren Residenzen in der Eidgenossenschaft zur Schau stellte (online: https://hides.nmhistorymuseum.org/).