Welche Bedeutung hatten wirtschaftliche Zwangsmassnahmen im Zeitalter ritterlicher Kultur?
Wirtschaftssanktionen sind zwar in der Theorie, aber nicht in der Praxis eine Erfindung der Moderne. Die Anwendung ökonomischer Druckmittel und Zwangsmassnahmen – von Boykott bis Strafzoll, von asset freeze bis Reisebeschränkung – hat auch eine hochmittelalterliche Geschichte.
Angesiedelt im anglo-normannischen Raum des 12. und 13. Jahrhunderts wird dieses Projekt einen Teil dieser Geschichte schreiben. Ziel ist es zunächst, herauszuarbeiten, welche Formen wirtschaftlicher Sanktionen von wem, gegen wen, mit welchen Absichten und Ergebnissen, sich in der (historiographischen) Überlieferung niederschlugen. Die resultierenden Befunde repräsentieren dabei auch eine zeitgenössische (mehrheitlich klerikale) Auswahl derjenigen Sanktionen, die für die Darstellung von Geschichte für wichtig gehalten wurden. Es wird also zweitens zu fragen sein, welche Entwicklungen im Erzählen und Erwägen von Wirtschaftssanktionen sich zwischen ca. 1100 und ca. 1300 zeigen. Schliesslich wird nach den spezifisch mittelalterlichen Logiken gefragt, denen diese Fälle von Wirtschaftssanktionen folgten, etwa hinsichtlich der Bedeutung des Marktes, der erwartbar „normalen“ ökonomischen Transaktionen, oder Verhältnissen ökonomischer und politischer Abhängigkeit.
Das Projekt wird unter dem Titel Medieval Economic Sanctions: The Anglo-Norman World, c. 1100–1300 mit einem SNF-Ambizione-Beitrag gefördert.