Das Dissertationsprojekt schließt eine Forschungslücke mittels der Verbindung der historischen Forschung zu Staatsbürgerschaft und der Geschlechtergeschichte. Der Fokus des Projekts liegt auf einer historischen Analyse der abhängigen Staatsangehörigkeit der Ehefrau. Die Arbeit fragt zentral nach den Aushandlungsprozessen um die abhängige Staatsangehörigkeit im Deutschen Reich zwischen 1890 und 1933. Folgende Fragen leiten die Analyse: Wie entwickelte sich das vergeschlechtlichte Regime des Ein- und Ausschlusses von Menschen in den und aus dem deutschen Staat in einem (inter)nationalen Kontext? Wie sah der (trans)nationale Kampf von verschiedenen Akteursgruppen um eine Anerkennung als Staatsbürger_innen aus? Welche Konsequenzen hatte die abhängige Staatsangehörigkeit für Frauen in grenzüberschreitenden Ehen und welche Möglichkeiten des Widerstandes eröffnete sie?

Frauen wurden, so die These des Dissertationsprojekt, im Deutschen Reich nicht als politische Subjekte wahrgenommen und deswegen in spezifischen Fällen über Eheschließung aus dem politischen Verband entlassen oder in ihn aufgenommen. Staatsangehörigkeit stellt jedoch nicht nur ein Werkzeug des Staates zur Einteilung der Bevölkerung dar, sondern auch einen „Raum des Widerstandes“. Dies zeigt sich beispielweise in der widerständigen Praxis von sogenannten „Staatsangehörigkeitsehen“. Gleichzeitig ist Staatsangehörigkeit als ein Recht auf Schutz und Anspruch auf politische Rechte, Teil eines Kampfes um Anerkennung. Dieser Kampf bewegte sich im Deutschen Reich diskursiv zwischen dem Anspruch auf staatsbürgerliche Rechte und nationalistischen und exkludierenden Argumenten.

Das Dissertationsprojekt basiert auf der Analyse verschiedener edierter und nicht-edierter Quellen. Der Gegenstand der Arbeit, die Aushandlungsprozesse um die abhängige Staatsangehörigkeit der Ehefrau, geht an sich über den Nationalstaat hinaus, da er in der Praxis nur in der wechselseitigen Anerkennung der Staatsangehörigkeit in internationalen Beziehungen relevant wird. Folglich operiert das Dissertationsprojekt auf nationaler, trans- und internationaler Ebene und schließt damit an Methoden aus der transnationalen Geschichte an. Die Ebenen werden nicht voneinander getrennt betrachtet, sondern mittels eines akteurszentrierten Ansatzes in ihrer Wechselwirkung zueinander analysiert. Der akteurszentrierte Ansatz wird mit diskurshistorischen Elementen ergänzt.

Bildnachweis: Helene-Lange-Archiv - B Rep. 235-01 BDF - MF-NR. 2782-2784.