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Rückblick: Podiumsdiskussion "Geschichte im Museum"
Geschichte wie Museen haben Hochkonjunktur. Wie sehen Fachleute aus beiden Bereichen die an sich naheliegende Kooperation zwischen Geschichtswissenschaft und Museum?
Bericht eines Redaktors der Studierendenzeitung HIZ
Am 28. April 2017 luden die Alumni Geschichte ins Literaturhaus Basel zu einer Podiumsdiskussion ein um diese Fragen zu diskutieren. Nach „Geschichte und Medien“ im Jahr 2016 stand dieses Mal das Thema „Geschichte und Museum“ zur Diskussion.
In seiner Einführungsrede stellte Georg Kreis Museen als mediale Institute vor, die nicht nur sammeln, pflegen und analysieren, sondern auch zeigen - Geschichte erzählen. Eine frisch veröffentlichte Statistik bescheinigt den Schweizer Museen einen Positivtrend hin zu mehr Besuchern.
In der Folge hielt Marc Fehlmann, der designierte Direktor des HMB, ein Impulsreferat darüber, warum es Geschichtsmuseen braucht und welche Rollen sie heutzutage übernehmen können. Anhand des Beispiels gelangweilter jugendlicher Besucher illustrierte Fehlmann, dass Erinnerungskultur und Erinnerungspolitik an vielen Orten scheitern. Die Aufgabe der Museen sei es nicht nur, zu erinnern was geschah, sondern auch aufzuzeigen, welche Auswirkungen es hatte und so den Bogen zum Zeitgeschehen zu schlagen. Eine Chance, welche die Museen packen müssen, ist die Möglichkeit, Geschichte zu verdinglichen, durch Gegenstände emotionale und sinnliche Brücken zur Vergangenheit zu schlagen. So könnten Museen auch als Erweiterungen und Korrektive schriftlicher und archivalischer Erinnerungskulturen fungieren. In einem Schlussplädoyer zeigte Fehlmann auf, wie gefährlich eindimensionale, lineare Geschichtsbilder für Toleranz und Meinungsfreiheit in einer Gesellschaft sind. Als Beispiel führte er das Geschichtsverständnis von Recep Tayip Erdogan an, der die massiven Dissonanzen mit Atatürks Visionen leugnet und sich als Nachfolger des Landesvaters inszeniert. Die Aufgabe der Museen sei es, innovativ und multiperspektivisch zu arbeiten und so linearen Erzählungen entgegenzuwirken.
An der Podiumsdiskussion nahmen Marc Fehlmann, Barbara Keller, die Stellvertretende Direktorin des Alpinen Museums Bern, Susanna Burghartz, Professorin für Professorin für Geschichte der Renaissance und der Frühen Neuzeit an der Universität Basel und Denise Tonella, Ausstellungskuratorin des Landesmuseums, teil. Sie diskutierten darüber, welche Funktionen und Möglichkeiten Museen heutzutage haben. Barbara Keller plädierte dafür, Museen als Themenhäuser zu konzipieren, die immer wieder neue Sonderausstellungen präsentieren, welche wiederum Themen und Debatten der Gegenwartsgeschichte aufgreifen und die Sammlung vor allem punktuell frequentieren.
Marc Fehlmann war der Meinung, dass Dauerausstellungen in Zukunft dynamischer und fluider gestaltet werden müssen, um den Besuchern mehr Abwechslung zu bieten. Susanna Burghartz forderte, dass Museen ihren Besuchern Deutungskompetenz beibringen und sie nicht nur dort abholen sollen, wo sie bereits sind. Besonders wichtig war ihr dabei, dass nicht Harmonie, sondern Dialog angestrebt und die Forschung stärker involviert werden sollte. Im Gegenzug müssten die Historiker den material turn berücksichtigen und sich bei ihrer Arbeit nicht nur auf schriftliche Quellen, sondern auch auf Objekte stützen. Denise Tonella legte den Fokus auf den Ansatz, dass Geschichte in Museen nicht nur erzählt, sondern auch dargestellt werden müsse. Ein kluger Umgang mit der eigenen Sammlung sei dabei von zentraler Bedeutung. Nach der Diskussion wurde die Runde geöffnet und die Gespräche beim Apéro weitergeführt.
Luca Thoma, Redaktor der Studierendenzeitung HIZ