Auf Spurensuche in der Solothurner Klostergeschichte

Ein vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) finanziertes Forschungsprojekt beschäftigt sich mit Solothurner Frauenklöstern im 17. und 18. Jahrhundert. Das an der Universität Basel angesiedelte Projekt legt den Fokus auf die Austauschbeziehungen zwischen den Frauenklöstern und der Solothurner Stadtgesellschaft. Dadurch will es eine in der historischen Forschung lange Zeit vernachlässigten Personengruppe sichtbar machen

In einem vom Schweizer Nationalfonds (SNF) geförderten Forschungsprojekt widmet sich die Historikerin Michèle Steiner einer Gruppe von Frauen, die in der Forschung zu Stadtgesellschaften des 17. und 18. Jahrhunderts bisher stark vernachlässigt wurde. «Wir wissen noch viel zu wenig darüber, welche Rolle Nonnen in frühneuzeitlichen Stadtgemeinschaften spielten», stellt Steiner fest. So ist bislang weitgehend ungeklärt, welche spirituellen Aufgaben diese religiösen Frauen in einer Stadt erfüllten, inwiefern sie als Arbeitgeberinnen wirkten und ob die Nonnen auch nach ihrem Klostereintritt mit ihren Familien in Kontakt blieben. Diesen und anderen Fragen möchte Steiner in den kommenden dreieinhalb Jahren im Rahmen ihres Dissertationsprojekts nachgehen.

Solothurner Frauenklöster mit langer Geschichte

Das Projekt beschäftigt sich mit Institutionen, die heute vor allem im Zusammenhang mit Nachrichten über deren Aufhebung und der Umnutzung der häufig umfassenden Gebäulichkeiten medial diskutiert werden. «Eine Beschäftigung mit frühneuzeitlichen Frauenklöstern ergibt durchaus Sinn», meint Steiner, «denn viele dieser religiösen Gemeinschaften, die heute wegen fehlenden Nachwuchses in ihrer Existenz bedroht sind, nahmen ihre Anfänge im 17. und 18. Jahrhundert». So auch in Solothurn, wo die drei zu untersuchenden Frauenklöster – die Gemeinschaft der Visitandinnen, die Kapuzinerinnen Namen Jesu und die Franziskanerinnen St. Josef – in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu ihrer noch bis in die Gegenwart fortbestehenden Form kamen.

Und wieso genau Solothurn? Die Historikerin erklärt: «Solothurn eignet sich aus mehreren Gründen hervorragend als Forschungsgegenstand. So wies Solothurn in der Frühen Neuzeit eine äusserst hohe Dichte an Frauenklöstern auf, deren Archive bis heute erhalten geblieben sind.» Des Weiteren verfügte Solothurn seinerzeit als Standort der Französischen Botschaft (Ambassade) über eine Strahl- und Anziehungskraft, die in die ganze katholische Eidgenossenschaft und darüber hinaus wirkte. Dies alles mache Solothurn zu einem enorm reizvollen Forschungsobjekt.

Nationalfonds fördert vielversprechende Nachwuchsforschende

Verantwortlich für das Forschungsvorhaben zeichnet sich die in Bern wohnhafte Historikerin Michèle Steiner. Sie hat 2022 ihr Studium in Geschichte, Kunstgeschichte und Mittelalterarchäologie an den Universitäten Bern und Zürich mit dem Masterdiplom abgeschlossen. Bereits im Rahmen ihrer Masterarbeit beschäftigte sie sich mit dem religiösen Leben in Solothurn. Dabei analysierte sie Nachrufe aus dem Solothurner Visitandinnenkloster und untersuchte die Bedeutung von Krankheit und Tod für das Selbstverständnis von Nonnen im 17. und 18. Jahrhundert. Die aus Schwyz stammende Historikerin forschte in der Vergangenheit bereits zur Hotellerie der Belle Époque in der Zentralschweiz sowie zu vormodernen Lawinenschutzmassnahmen im Urner Urserntal.

Noch bis im Frühling 2024 unterstützt der Schweizerische Nationalfonds mit seinem Fördergefäss Doc.CH halbjährlich vielversprechende Nachwuchsforschende aus den Geistes- und Sozialwissenschaften. Das Projekt zu den Solothurner Frauenklöstern ist eines von insgesamt 27 Forschungsvorhaben, das im Sommer 2023 mit einer Förderung ausgezeichnet wurde. Das anfangs 2023 gestartete Projekt läuft noch bis im Februar 2027.

Ergänzende Hinweise

Im Herbst dieses Jahres erscheint in der Schweizerischen Zeitschrift für die Erforschung des 18. Jahrhunderts (xviii.ch) ein Beitrag von Michèle Steiner, in welchem sie detailliert auf die Beziehung frühneuzeitlicher Nonnen zum Sterben und Tod eingeht. Der Beitrag wird ab ca. November auf dieser Webseite open-access abrufbar sein.

Zur Medienmitteilung des Schweizerischen Nationalfonds vom 15. August 2023 anlässlich der Vergabe von 27 Doc.CH-Förderbeiträgen geht es hier.

Überdies erschien am 19.08.2023 ein Beitrag zum Projekt auf srf.ch

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