Gab es einen homo oeconomicus im Mittelalter? Wie schlagen sich wirtschaftswissenschaftliche Grundannahmen und Langzeitnarrative von Menschen, Märkten und Macht auf dem geschichtswissenschaftlichen Prüfstein? Wer entscheidet wie über wessen materielle Lebensgrundlagen? Welche Rolle spielen Institutionen für wirtschaftliche Prosperität - und umgekehrt? Lässt sich diese Beziehung verstehen, ohne ihre kulturelle Einbettung zu beachten? Kann man das mittelalterliche BIP errechnen? Und wozu sollte man das überhaupt tun?

Diese und weitere Fragen zum Verhältnis von Ressourcen und kollektiven Ordnungen interessieren uns mittlerweile in der "zweiten Generation". Jan Rüdiger und Maximiliane Berger koordinieren eine internationale Forscher*innengruppe, die sich unter dem Schlagwort AEMUL*AE mit Konkurrenz und der Bedeutung des Markers Geschlecht in Konkurrenzprozessen beschäftigt. Im Frühjahr 2024 trifft sich diese Forscher*innengruppe zu einer Seminarwoche in der Fondation des Treilles. In ihrem PostDoc-Projekt untersucht Maximiliane Berger Wirtschaftssanktionen und ökonomischer Kriegführung im hochmittelalterlichen England.

Ulla Kypta, Gründungsmitglied des Arbeitskreises für spätmittelalterliche Wirtschaftsgeschichte und hier Assistentin von 2015 bis zu ihrer Berufung auf die Professur für Geschichte des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit an die Universität Hamburg 2019, untersucht Vertretungsbeziehungen unter Kaufleuten in Antwerpen im 15. und 16. Jahrhundert. Praktiken und Semantiken des "Nehmens" diskutieren wir seit längerem mit unseren Kooperationspartnern, darunter Frederik Lynge Vognsen (Gastwissenschaftler im Herbstsemester 2018), der sich an der Universität Aarhus mit Güterwegnahme im dänischen 15. Jahrhundert beschäftigt.